Die Entstehung der Französischen Kapelle
Der Kasernenbau am Meiningser Weg in Soest wurde noch im Rohbau als Kriegsgefangenenlager genutzt. Zuerst 1939 als Lager für Soldaten, einem Stalag, dann 1940 für polnische und belgische Offiziere als Offiziersgefangenenlager. Ende Juli 1940 kamen ca. 1.300 französische Soldaten und Offiziere nach Soest, unter denen auch über 30 Priester waren. Außergewöhnlich war, dass ihnen auf Bitten der Offiziere ein Raum zur Aufbewahrung des Heiligen Sakramentes und zur Religionsausübung zugestanden wurde, der heutigen Französischen Kapelle.
Unter den Kriegsgefangenen befanden sich auch Künstler und Kreative, die Architekten Guillaume Gillet und Rene Coulon. Sie gestalteten bereits ab September 1940, kaum zwei Monate nach ihrer Ankunft, den Andachtsraum und schufen außergewöhnliche Wandmalereien, die die Situation und Herkunft der Kriegsgefangenen darstellen sollen. Diese Wandbilder zeigen in leuchtenden Farben eine Karte von Frankreich, Heiligenbilder und Darstellungen von christlichen Berufen. An Weihnachten desselben Jahres, am 25. Dezember 1940, wurde die „Kapelle zu Ehren von Maria und dem heiligen Petrus-in-Ketten“ eingeweiht. Es entwickelte sich trotz der widrigen Umstände eines Kriegsgefangenenlagers, ein religiöses Leben der Gefangenen im Lager.
Schon in den ersten Nachkriegsjahren wurde die Kapelle erst von Zwangsarbeiter*innen und dann von den Heimatvertriebenen, nun als Hedwigs-Kapelle, religiös genutzt. Auch die belgische Armee, die auf dem Kasernengelände von 1951-1994 stationiert waren, machten ab Ende der 80er Jahre Gebrauch von der Kapelle.
Die Wandgemälde
Die Wandmalerein der Französischen Kapelle zeigen in leuchtenden Farben eine Karte von Frankreich, Bilder von Heiligen die in Gefangenschaft gefoltert wurden, Darstellungen von christlichen Berufen die sich in ihrer Aussage auf das Mathäusevangelium beziehen. Auf der Nordwand die Gottesmutter die ihren Sohn tröstet. Die Wandmalereien haben bis heute nichts von ihrer Strahlkraft verloren.
Das Bildwerk der Südwand
Der auferstandene Christus ist umgeben von sechs Engeln, die Marterwerkzeuge aus der Passionsgeschichte in den Händen halten und Heiligen, die gelitten haben unter Folter in der Gefangenschaft.
Das Bildwerk der Westwand
In sechs Bildern, mit der Darstellung in weltlichen Berufen, werden die Werke der Barmherzigkeit gezeigt, die aus dem Matthäus-Evangelium (25, 36-40) abgeleitet werden: Hungrige speisen · Durstige tränken · Fremde beherbergen · Nackte kleiden · Kranke pflegen · Gefangene besuchen.
Das Bildwerk der Nordwand
Maria, die Schmerzensmutter – Pieta. Über den religiösen Charakter hinaus wird eine sekundäre Botschaft vermittelt, die im Kontext der Entstehungsgeschichte verwurzelt ist. Das Mutterland Frankreich trauert um seine gefallenen Kinder.
Das Bildwerk der Ostwand
Die Darstellung Frankreichs ohne Grenzen mit seinen Heiligen und seinen kulturellen Besonderheiten. Augenscheinlich stand hier der spätmittelalterliche Brauch Pate, als dass die Künstler sich als Stifterfiguren verewigen. Von rechts nach links stehend Guillaume Gillet, Rene Coulon und der Priester Rene Viellard, alle drei verharren in Gebetshaltung.
René Coulon (1908 – 1997)
René Coulon wurde am 27.Juni 1908 in Paris geboren.
Wie Guillaume Gillet hat er an Beaux-Arts studiert und gemeinsam mit ihm an der Gestaltung des Französischen Pavillons zur Weltausstellung 1937 in Paris gearbeitet.
Unmittelbar nach Kriegsbeginn geriet er 1940 in Kriegsgefangenschaft und war im Oflag VIA in Soest interniert.
- Zusammen mit Gillet sorgte Coulon für die Ausmalung der Kapelle. Er teilte sich mit Guillaume Gillet ein Etagenbett im Zimmer 110 des Block 3.
- Er war mit Hélène Guillain verheiratet, der Schwester des gefallenen Offiziers, den er auf dem Balken in der Kapelle malerisch verewigte.
- Er hatte bereits vor Kriegsbeginn geheiratet und die Schutzpatrone seiner Kinder hat er auf der Frankreichkarte in der Kapelle verewigt. Seine Kinder waren auch der Grund, warum er als mehrfacher Vater bereits nach 16 Monaten entlassen wurde
- Sein Bettnachbar, Guy Raclet, sicherte einige seiner Entwürfe die bis zum heutigen Tag gut erhalten sind. Diese farbigen Zeichnungen waren 1940 die Vorlagen für die Frankreichkarte in der Kapelle.
- Er nahm als aktives Mitglied der ,,Freunde der Poesie" im Oflag an ihren Veranstaltungen teil. Das Theaterleben bereicherte er durch seine Dekorationen und auch als Schauspieler.
- Nach seiner Entlassung nahm er in Paris die Arbeit als Architekt und Designer wieder auf und eröffnete ein Büro. Wie auch Guillaume Gillet hatte er mit der Zeit der Gefangenschaft abgeschlossen. Trotzdem blieben Freundschaften aus dieser Zeit erhalten.
- Bereits 1942 wurde er leitender Architekt der Caisse de Dépôts et Consignations. Von 1952 bis 1977 lehrte er als Professor an der École des Beaux-Arts. Er wurde 1960 leitender Architekt der Bâtiments civils et nationaux. Er baute lnstitute und Forschungszentren für die Stahlindustrie und Zechen. Die Hauptverwaltungen wichtiger Firmen und die Universität von Bordeaux.
- Seit 1953 war er Mitglied der Akademie der Architektur. Am 23. Februar 1997 starb er in Paris m Alter von 89 Jahren. Von der Öffnung der Kapelle hat er nichts mehr erfahren, da der Kontakt zu den ehemaligen französischen Kriegsgefangenen von aus erst im Mai 1997 aufgenommen wurde.
Guillaume Gillet (1912 - 1987)
Guillaume Gillet wurde am 20.November 1912 in Chaalis, einem früheren Zisterzienserklioster, etwa 40 km nordöstlich von Paris geboren.
Sein Vater, Louis Gillet, war dort Kurator des Jacquemart-Andre-Museums des Institut de France und leitete die im früheren Kloster untergebrachte Kunstsammlung.
- Er besuchte die Nationale Schule der Schönen Künste in Paris und schloss 1937 dort sein Studium als Architekt ab. Er zögerte, ob er als Architekt arbeiten oder eine Karriere als Maler beginnen sollte.
- 1937 baute er mit Rene Coulon für den Glashersteller Saint-Gobain den Pavillon bei der Weltfachausstellung in Paris.
- 1939 eingezogen, war er von 1940 bis 1945 in Deutschland im Offizierslager Oflag VIA in Soest in Westfalen in Kriegsgefangenschaft. Mit seinem Freund und Studienkollegen an der Academie des Beaux-Arts, Rene Coulon, hat er 1940 die Ausmalung der Französischen Kapelle im Soester Kriegsgefangenenlager durchgeführt. Die Französische Akademie verlieh ihnen dafür 1942 den Prix General-Muteau.
- Als Chefarchitekt für Zivilbauten und Nationalpaläste gründete er 1952 in Zusammenarbeit mit mehreren Ingenieuren ein Planungsbüro. Er wurde zum beratenden Architekten für die Städte Paris und Cannes, das Departement Bouches-du-Rhone und das Fürstentum Monaco ernannt, außerdem zum Stadtplanungsberater für die Stadt Antibes berufen.
- Besonders zu erwähnen ist, dass er zusammen mit dem Ingenieur Bernard Laffaille auf der Weltausstellung in Brüssel 1958 sowohl den Pavillon der Stadt Paris als auch den Pavillon für das Land Frankreich gestaltete.
- 1970 - 1973 war Gillet Präsident der Academie royale d'architecture und schließlich ab 1983 auch Präsident der Academie des Beaux-Arts.
- Nach seinem Tod am 23.September 1987 wurde er auf seinen Wunsch hin und ausnahmsweise in der Kirche Notre-Dame de Royan beigesetzt. Guillaume Gillet hatte diesen Kirchenneubau in Royan als Architekt geplant.
- Seine Frau Rose Gillet hat 1998 zum ersten Mal auf Einladung der Geschichtswerkstatt die Französische Kapelle Soest besucht.
Restaurierung
Um ihrer Verantwortung für die Französische Kapelle gemäß der Vereinssatzung gerecht zu werden, hat die GFK in den letzten Jahren in Teilbereichen sehr erfolgreich die Restaurierung der Wandmalereien vornehmen lassen.
Dies wäre ohne die Unterstützung vieler Paten nicht möglich gewesen. Jeder und jede der aufgeführten Paten hat sich in den Jahren 2009, 2011 und 2012 einen Teil der Ausmalung für ihre Patenschaft ausgesucht, und mit diesem Beitrag die Wiederherstellung der Ausmalung ermöglicht. Im Jahr 2023 hat die GFK für den verbliebenen Teil der Restaurierung die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Landesförderung Denkmalschutz in Anspruch nehmen können. Mit ihr konnte die Westwand, die Kapellendecke und das Ständerwerk im Jahr 2024 restauriert werden.
Unseren Paten ein herzliches Dankeschön für ihre Hilfe!
Die Restauratorin Jane Rutsch hat der GFK in ihrem Sanierungsgutachten einen umfassenden Auftrag zur Restaurierung der Ausmalung der Französischen Kapelle beschrieben.
Jeder und jede der aufgeführten Paten hat sich 2009, 2011 und 2012 ein Teil der Ausmalung ausgesucht, und mit diesem Beitrag die Wiederherstellung der Ausmalung ermöglicht.
Im Jahr 2023 war es mit der Förderung des Landes NRW mit Mitteln des Denkmalschutzes und der Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz möglich, die Restaurierungsmaßnahmen abzuschließen.
Claire Aubert, Echirolles (Fkr.) - Notre Dame de Bastia
Horst Biembacher, Soest - St. Rémy
Dr. Günter Boecken, Bad Sassendorf - Notre Dame du Puy
Frau Boecken, Bad Sassendorf - Notre Dame de la belle verrière
Eheleute de Chateauvieux, Le Vesinet (Fkr.) - Christus, St. Pierre, St. Paul, St. Louis
Helga Dreßler, Soest - Soest - Stern
Lothar Drewke, Werl - Bretonische Flagge - Hermine (Menhir)
Hans Flocke, Soest - St. Jean Baptiste
Dr. Patrick Fortmann, Soest - St. Patrice
Fam. Fournier-Beaubien, Kanada - Fleur de Lis
Michael Gallenkamp, Soest - St. Michel
Dr. Reinhard Gockel, Soest - St. Hubert
Christel Hannappel, Soest - Ste. Thérèse
David Haverland - Textpassage
Ulrich Haverland, Soest - St. Benoît Joseph Labre
Jakob Hecker, Soest - Jakobsmuschel 1
Dr. Odile Hecker, Soest - Ste. Odile
Propst Josef Heers, Soest - St. Louis
Georg zur Heiden, Soest - St. Jean Maria Vianney
Elfriede Heßmer, Soest - Friedenstaube und Ste. Germaine de Pibrac
Dr. Winfried Huck, Soest - St. Roch de Montpellier
Heidrun Grote-Huck, Soest - Ste. Genéviève
Familie Jacobs, Soest - Jakobsmuschel 2
Christina Jansen, Welver - St. Rene und Ste. Chantal
Georg Karbowski, Welver - St. Léonard / St. Vincent
Hartmut Kasten, Soest - Danse macabre / St. Ignace
Jean-Christophe Kling, Soest - Notre Dame de la Treille
Barbara Köster, Soest - Charles de Foucauld
Eheleute Dr. Horst Köhler, Soest - Calvaires
Familie Kolbe, Soest - Notre Dame de Liesse
Marlene Kraft, Neheim - Ste. Madeleine
Verena von Kriegstein, Bad Bevensen - Les Bn. Martyrs d’Amerique
Elisabeth Lange, Soest - Ste. Solange / Notre Dame de Pontmain
Jacqueline Legaret, Paris - St. Jean-Baptiste
Jean-François Legaret, Paris - St. Germain L'Auxerrois / Les Bn Martyrs d'Extrème Orient
Fa. Lehde GmbH, Soest - Pieta
Karl-Heinz Leifert, Soest - Les Croisés
Hubert M. Machinek, Siegen - St. L. M. Grignon de Montfort
Dr. Marie Mayer, Paris - Ste. Jeanne d’Arc und St. Bertrand de Comminges
Eheleute de Montchenu, Le Vesinet (Fkr.) - Christus, St. Marcel
Fam. Hubert Müller, Staelen - Notre Dame de la Clarté
Käthe Müller, Soest - Sacré Cœur
Monika Nattkemper, Soest - Notre Dame de Boulogne
Erika Permiganau, Soest - St. Chlodwig
Annelies Radermacher, Essen - Bénédectine de Fécamp
Paul Rérolle - Frankreich - St. Laurent
Maria Rolf, Soest - Notre Dame de Lourdes
Eheleute Horst-Rainer Schewe, Blumroth - Karolus Magnus
Elke Schmücker, Soest - Ste. Marthe
Margot und Paul-Guido Schomberg, Soest - Félicité et Perpétue
Klaus Schubert, Soest - St. Nicolas
Anneliese Schumacher - St. Yves
Schützen St. Sebastianus, Werl - St. Benoît
Ingrid Spiegel, Soest - Ste. Anne
Eheleute Dr. Thomas Sternberg, Münster - Ste. Radegonde
Maria Stute, Soest - St. François de Sales
Peter Sukkau, Soest - Soest - Stern
Michael Tepper, Soest - Ste. Colette
Eheleute Villeroy de Galhau, Wallerfangen - unbestimmt
Monsieur Vignolles, Paris - St. Theophane
Marie Vignolles, Paris - Ste. Blandine
Eheleute Völger, Münster - St. Lazare
Ilse Wagner-Möseler, Welver - Ste. Claudine
Martin Weimer, Soest - St. Martin
Birgit Wichterich, Soest - Ste. Jeanne d’Arc
Jule Elisabetta Wilhelm-Hecker, Hamburg - Notre Dame de la Treille
Heinz-Günter Wortmann, Möhnesee - St. Bernard und Paulustexte
Zeitstrahl von 2007 bis heute
2007
Die durch die GFK im Jahre 2007 initiierte wissenschaftliche Abschlussarbeit der Studentin Jane Rutsch, die an der Fachhochschule für Restaurierung und Konservierung von Kunst und Kulturgut in Köln studiert hat, brachte erstmals einen Befund zum Zustand der inzwischen fast 70-jährigen Wandmalereien. Die ermittelten Ergebnisse verwiesen auf die Notwendigkeit von Restaurierungsmaßnahmen in der Französischen Kapelle.
2009
Um ihrer Verantwortung für die Französische Kapelle gemäß der Vereinssatzung gerecht zu werden, hat die GFK in mehreren Zeitabschnitten erfolgreich eine Restaurierung der Wandmalereien durch den Restaurator Lerchl aus Lippstadt vornehmen lassen. Die Westwand der Kapelle, die die größten Schäden durch wiederholten Wassereintritt aufwies, ist im Jahr 2009 in einem ersten Schritt restauriert worden.
2011
Im Jahr 2011 war die Ostwand mit der Darstellung Frankreichs und der Städte dort mit Ihren Heiligen, Gegenstand von weiteren Restaurierungsarbeiten.
2012
Die das Denkmal schützenden Arbeiten an Süd- und Nordwand, sind im Sommer 2012 ausgeführt worden. Dank der Mithilfe zahlreicher Sponsoren aus nah und fern, die sich mit ihrem Beitrag aktiv für den Erhalt der Kapelle eingesetzt haben, konnten diese dringend notwendigen Restaurierungen finanziert werden.
2023
Mit einem vierten und letzten Arbeitsabschnitt wird das Ständerwerk in der Kapelle und die Decke der Kapelle restauriert. Die Restauratorinnen Monika Voss-Raker und Katja Wohlgemuth haben auch die aufgetretenen Wasserschäden in der Westwand der Kapelle beseitigt. Mit der zeitgleich in 2023 erfolgten Dachsanierung ist nun auch der Grund der ständigen Sanierungsschäden gefunden worden. Die Finanzierung der Restaurierungsarbeiten teilen sich die Denkmalförderung des Landes NRW und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit Sitz in Bonn.
Die Nutzung als Andachtsraum
Die Französische Kapelle ist ein geweihter Gottesraum der allen Menschen für Andachten und Gottesdienste zur Verfügung steht. In der Französischen Kapelle kann auch der Bund der Ehe geschlossen werden, oder die Taufe eines Kindes vorgenommen werden.
Andachtsraum
Kreuzweg-Andachten
Zur Vereinstradition gehört die alljährlich stattfindende Kreuzweg-Andacht. Grundlage dafür ist der Kreuzwegzyklus von Guillaume Gillet, der ihn während seiner Gefangenschaft 1944 malte. Diese Andacht wird von einem Geistlichen begleitet.
Adventsandachten
Das Vereinsjahr klingt regelmäßig mit einer Adventsandacht aus, die im ökumenischen Kontext stattfindet. Zu den öffentlichen Andachten werden die Termine rechtzeitig in Presse und Internet bekannt gegeben.
Sonstige kirchliche Veranstaltungen und Gottesdienste
Es ist, neben den vereinsorganisierten Andachten, auch möglich den Kapellen-Raum für Gottesdienste, die dem Rahmen angemessen sind, zu nutzen. Wenden Sie sich an den Verein, um weitere Informationen zu erhalten.